Tag und Nacht - Mabongeschichte

 


Seit einer Woche geschah ein komisches Phänomen rund um die Welt und Wien, die Stadt, in der die drei Lichtwächterinnen wohnten, war auch keine Ausnahme davon. Nämlich invertierten sich der Tag und die Nacht aus irgendwelchen geheimnisvollen Gründen, also in der Zeit, wo normalerweise Tag sein sollte, herrschte jetzt die Nacht und umgekehrt. Die Leute weltweit litten an ihrem umgekippten Biorhythmus. Bis zu Mabon, dem Fest der herbstlichen Tag- und Nachtgleiche am 23. September blieb nicht viel Zeit übrig und das Problem musste so rasch wie möglich gelöst werden. Die Engelfrau Miriel, Mentorin der drei Lichtwächterinnen Denise, Bärbel und Kerstin organisierte deshalb eine Notfallversammlung im Dachboden des Haus in der Landlgasse 3 im Bezirk Floridsdorf von Wien.

 

Kurz nachdem sie sich begrüßten und Miriel den Grund des Treffens erklärte, begann der magische Computer einen Alarmton abzuspielen. Auf dem Bildschirm erschien das Bild eines komischen Kerls, der über ein sehr junges, charmantes Aussehen verfügte, jedoch in seinen Augen schien eine seltsame Art Düsterheit und Bosheit. Der magische Computer zeigte dann tote Leute, welche den Eindruck gaben, als wären sie wegen eines hohen Falls tot, aber im eigenen Bett gefunden wurden. Die Lichtwächterinnen beobachteten alles sehr aufmerksam. Auf dem Bildschirm erschien der folgende Text:

 

Ein sehr gefährlicher Dämon, Somnius hat die Welt angegriffen. Als wäre die Invertierung von Tag und Nacht  -  und damit das Umkippen des Biorhythmus der Leute  - nicht genug, ermordet er Menschen auch im Schlaf. Jedoch nicht mit traditionellen Methoden. Nämlich tritt er im Verstand der Schlafenden ein und manipuliert diesen. Er redet der schlafenden Person ein, sie befindet sich in einem sehr hohen Platz und muss davon herunterspringen. Seine Opfer sind ausschließlich Frauen. Mit ihnen spielt er vor, der charmante Traumritter zu sein, zugleich redet er seiner Opfer ein Loch in den Bauch, bis sie ihm schließlich alles glaubt und das tut, was er von ihr erwartet. Das tatsächliche Ziel von Somnius ist jedoch nicht die Tötung von alltäglichen Frauen, damit will er nur seine auf höherem Niveau stehenden Opfer hinaus locken: nämlich gute Hexen, Weißmagiezauberinnen oder Lichtwächterinnen.

 

Nach dem Lesen blieben Kerstin, Denise und Bärbel samt Miriel für eine Weile mucksmäuschenstill.  - Und wie ist es möglich, diesen deppaten Vollkoffer zu besiegen? - fragte dann Kerstin. Die Antwort erschien auf dem Bildschirm des magischen Computers:

 

Ihr solltet sehr vorsichtig sein, nicht plötzlich in den Schlaf zu verfallen, denn das heißt, dass er seinen Angriff auf euch schon begonnen hat. Geht ihr jedoch von alleine schlafen, wie normalerweise, dann solltet ihr davor 10 Portionen Stärkeelixir trinken. Das macht euch darauf immun, wenn er eure Kräfte zu nehmen versucht. Die tatsächliche Besiegung dieses sehr gefährlichen Dämons schaut folgenderweise aus: ihr solltet, sobald ihr ihn seht, anfangen, mehrmals zu wiederholen “Du bist nicht real, du existierst nicht”. Falls er über seine Existenz insistiert und versucht, euch über das Gegenteil zu überzeugen, hört auf keinen Fall zu. Lässt euch nicht ablenken. Wenn er euch sagt, ihr solltet von einem hohen Ort herunterspringen, sagt ihm “Nein, spring du herunter, wenn du so tapfer bist!” und benutzt eure telekinetische Fähigkeiten, um ihn herunter zu katapultieren. So vernichtet ihr ihn und sobald das geschieht, kehrt die Normalität zurück und der Lauf vom Tag und von der Nacht wird wieder wie vorher.


Danach bedankten sich die vier Frauen bei dem Computer für die Informationen. - Schade, dass die Jungs gerade jetzt auf eigene Mission sind... - überlegte Kerstin halblaut.

- Keine Sorge, ich habe Vertrauen in euch und weiß, dass ihr auch ohne sie sehr stark seid! - reagierte Miriel. - Aber  falls die Situation schwierig wird, zögert bitte keine Sekunde um Hilfe zu bitten. - fügte sie noch hinzu.

- Ich gehe in die Küche und bereite uns das Stärkeelixir vor. Es ist besser, nicht von diesem deppaten Somnius überrascht zu werden. - sagte Denise, nachdem sich die Lichtwächterinnen für Miriels Kompliment bedankten.

- Ich helfe dir. - reagierten Bärbel und Kerstin im Chor. Miriel verabschiedete sich von ihnen, danach gingen die drei Frauen in die Küche.

 

Später klingelte jemand an der Tür. Bärbel ging zu öffnen. Da stand ein Lieferant mit einem Paket und begrüßte die Frau auf ganz höfliche und charmante Weise.

- Entschuldigung, aber weder ich noch meine Freundinnen haben etwas bestellt.- sagte Bärbel verblüfft nach der Begrüßung.

- Ich weiß, das ist aber von ihrem geheimnisvollen Verehrer! - kam die Antwort. - Sie müssen nicht einmal dafür bezahlen! - fügte der Lieferant hinzu. Bärbel überlegte. Sie hatte nämlich nur einen Verehrer seit einigen Monaten, nämlich Johann Waldbach, den Bruder von Jürgen, und der war ganz sicher kein geheimnisvoller Verehrer. Und Johann bestellte normalerweise keine Geschenke, sondern entweder machte er diese mit eigenen Händen oder zauberte er. Aber jetzt war er mit seinen Brüdern auf Mission... Bärbel begann zu fühlen, dass irgendwas da gar nicht in Ordnung war... sie schaute auf den Mann und ihr wurde plötzlich alles klar: ihr gegenüber stand Somnius und zwar als Lieferant getarnt!

Bärbel bewahrte ihre Ruhe. - Verzeihung, was ist da im Paket drin? - fragte sie.

- Ähm... nur eine Flasche Wein... für festliche Gelegenheiten! - zwinkerte der Lieferant.

- Ach so... sehen Sie, ich bin sehr dankbar, aber es tut mir leid, ich kann dieses “Geschenk” unglücklicherweise nicht annehmen. Wenn es tatsächlich von meinem Verehrer wäre, gäbe es da drin keinen Wein, denn ich bin nämlich abstinent und mein Verehrer weiß das ganz genau. Da stimmt etwas nicht, vielleicht haben Sie sich mit der Bestellung etwa geirrt und eine andere Person hat tatsächlich diese Flasche Wein bestellt... - reagierte Bärbel mit einem freundlichen, sonnigen, unschuldigen Lächeln.

- Grrrrrrr! - grollte der Lieferant und lief weg ohne sich zu verabschieden.

- Auf Wiedersehen und Ihnen auch einen schönen Tag... besser gesagt schönen Abend noch! - rief Bärbel ihm nach, aber der Mann war schon in der Ferne.

Hm, was für ein urkomisches Geschehnis, dachte Bärbel, während sie ins Haus zu ihren Freundinnen zurückkehrte.

- Bärbel, alles paletti? Was ist los? Wer hat denn geklingelt? - fragte Denise, als Bärbel wieder in der Küche war. Mittlerweile wurden die Stärkeelixire fast fertig, nur eine letzte Zutat fehlte, die Kerstin gerade erledigte. Danach setzten sich die drei Frauen am Tisch. - Also, ich erzähle euch alles. - begann Bärbel. - Es war Somnius als Lieferant getarnt. -

- Was? Somnius? Hier? Jetzt? - alarmierte sich Denise.

- Was hat er getan? - fragte Kerstin neugierig.

- Er hat ein Paket geliefert und gab an, es sei ein Geschenk von meinem geheimnisvollen Verehrer, wofür ich nicht einmal bezahlen muss. - antwortete Bärbel.

- Komplette Verarschung! - rief Kerstin.

- Ja, genau. Wir wissen doch, dass Johann die Geschenke gar nicht bestellt. Und auch dass er zwar mein Verehrer ist, aber kein geheimnisvoller. - reagierte Bärbel. - Dann habe ich gefragt, was genau da drin ist. Mir wurde geantwortet, dass eine Flasche Wein im Paket ist, für festliche Gelegenheiten. Das ergibt ja keinen Sinn, denn Johann weiß auch genau, dass ich abstinent bin und niemals Wein trinken würde, deshalb würde er mir auch keinen schenken. Da wurde mir noch klarer, dass es sich um eine Verarschung handelt... - erzählte sie weiter.

- Ich hoffe, du hast das sogenannte Geschenk nicht angenommen... - schaltete sich auch Denise ein.

- Nein, keine Sorge. Ich habe mich höflich bedankt aber freundlich gesagt, dass ich das Geschenk nicht annehmen kann und dass es vielleicht einen Fehler gab und wahrscheinlich eine andere Person den Wein bestellt hat. Seine Reaktion: grollen und weglaufen ohne Abschied. - beendete Bärbel ihre Erzählung.

- Gut gemacht, Bärbel! - lobte Denise ihre Freundin.

- Genau, du warst leiwand! - schaltete sich Kerstin auch ins Loben ein.

- Danke fürs Kompliment! - bedankte sich Bärbel. - Aber wir müssen vorsichtig sein. Anscheinend hackelt dieser deppate Somnius genauso wie die meisten alltäglichen Verbrecher: er gibt an, ein unschuldiger Lieferant zu sein, damit er unbemerkt die Gegend beobachten kann, um dann später angreifen zu können. - fügte sie noch hinzu.

- Geniale Beobachtung, wie immer, liebe Bärbel! - riefen Kerstin und Denise im Chor mit voller Bewunderung auf.

- Wir brauchen also einen Plan. - sagte Kerstin danach. - Als Allererstes: trinken wir unsere 10 Portionen Stärkeelixir... - begann sie.

- Danach gehen wir uns zu entspannen... - setzte Denise fort.

- Und unser “Freund” Somnius ist “herzlich willkommen”! - beendete Bärbel im sarkastischen Ton. Danach lachten alle Lichtwächterinnen herzhaft.

 

Kurz nach dem Stärkeelixir-Trinken hörten die drei Frauen die bekannte Alarmmusik des magischen Computers, deshalb liefen sie aufwärts zum Dachboden um danach zu schauen. Auf dem Bildschirm des Computers war eine zusätzliche Information über den Dämon zu lesen:

 

Fast vergessen: Somnius besitzt ebenfalls die Fähigkeit, sich zu multiplizieren, es kann also vorkommen, dass er zur selben Zeit sich in verschiedenen Verständen befindet und diese manipuliert.

 

Die Lichtwächterinnen bedankten sich für die neue Information auch. Danach fingen sie an, ihren genialen Plan auszuführen. - Und nicht vergessen: schicken wir einander telepathische Botschaften, falls wir fühlen, dass irgendeine von uns Hilfe braucht. - schlug Denise vor und ihre Freundinnen nickten einverstanden. Dann verabschiedeten sie sich und jede ging ins eigene Schlafzimmer.

 

                                                                                                ***


 - Servus, liebe Bärbel! - klang urplötzlich eine düstere Stimme. Bärbel konstatierte, dass sie sich nicht mehr in ihrem Zimmer befand, sondern auf dem Dach eines höhen Gebäudes. Oh, nein! Somnius! Es war ganz sicher sein Werk!

- Dir hat also mein Geschenk nicht gefallen... Schade... - klang die Stimme wieder. - Du musst lernen, dass mich niemand abweisen darf! HAHAHAHAHA! -

Bärbel erinnerte sich daran, was sie über die Besiegung des Dämons las.

- Du bist nicht real, du existierst nicht... du bist nicht real, du existierst nicht... du bist nicht real, du existierst nicht... - begann Bärbel zu wiederholen.

- Ach, diese Sätze... es wurde dir bestimmt eingeredet, sie gegen mich zu verwenden... jedoch funktioniert es gar nicht. - sagte Somnius im boshaften Ton.

Bärbel hörte ihm aber nicht zu und wiederholte die Sätze ununterbrochen.

- Du verschwendest nur deine Zeit, Bärbel Sommer! - lachte Somnius gemein. - Du wirst sterben und kannst nichts dagegen tun! Denn du sollst jetzt herunterspringen! Springe! Jetzt! Und breche deine Knochen! Stirb! Ich werde das Spektakel ganz sicher genießen! Und nachdem ich dich erledigt habe, töte ich auch deine Freundinnen! Hach, ihr Lichtwächterinnen! Ihr seid nur Unnutz für mich! HAHAHHAHAHAHAHAHA!!!!! -

- NEIN, SPRING DU HERUNTER, WENN DU SO TAPFER BIST! - rief Bärbel und machte eine kräftige Armbewegung, mit der sie den Dämon herunter katapultierte.

- Neeeeeeeeeeeeeeein! - rief Somnius voller Schmerz während des Fallens aus.

Der Dämon erreichte den Boden mit einem lauten Geräusch und zerbrach in Millionen von kleinen Teilen.

Nach dem Geschehnis wachte Bärbel in ihrem Zimmer auf. Sie dehnte sich, dann stand vom Bett auf und lief in Kerstins Zimmer um nach dem Zustand ihrer Freundin zu schauen.

 

                                                                                           ***

 

- Ach, die feurige Kerstin Ziegler! Schön dich kennenzulernen! Und auch dich zu erniedrigen wird mir eine echte Ehre! HAHAHAHAHA!!!! - sagte Somnius in Kerstins Verstand.

- Aha, ganz bestimmt! Du bist nicht real, du existierst nicht! - reagierte Kerstin und wiederholte noch mehrmals den zweiten Satz.

- Komm schon, Kerstin! Sei nicht so eine harte Nuss! Tu einfach was ich dir sage. Spring von diesem hohen Gebäude. - versuchte Somnius einen netten Ton.

- Ich weiß, was du vorhast, Somnius, du deppates Beidl. Aber: NEIN, SPRING DU HERUNTER, WENN DU SO TAPFER BIST! - rief Kerstin wild, warf einen Feuerball auf Somnius um ihn zu verletzen, danach schickte sie ihn mit einer kräftigen Armbewegung hinunter. Der Dämon ließ seinen letzten Schrei aus sich selbst heraus, dann, als er den Boden erreichte, zerbrach er.

Kerstin wachte auf und fand Bärbel in ihrem Zimmer. Sie umarmten sich, dann eilten sie zusammen zu Denise.

 

                                                                                                ***

 

- Denise Ritter! Ach, ähnlicher hätten wir nicht sein können! Ich bin ja auch ein Ritter und zwar ein Traumritter! - begann Somnius im zuckersüßen Ton seinen dritten Angriff.

- Glaub ich nicht! - reagierte Denise und fing an zu wiederholen: - Du bist nicht real, du existierst nicht... du bist nicht real, du existierst nicht... -

- Komm schon! Diese Sätze haben keinen Nutz gegenüber mir, das weißt du doch, Süße! - sagte Somnius. Denise ließ sich nicht ablenken.

- Übrigens, deine sogenannte Freundinnen werden dich niemals anerkennen. Sie tun nur so, als ob du auch Teil des Team wärst, aber in der Wirklichkeit brauchen sie dich nur als Gärtnerin und Köchin. Sie nutzen dich nur aus. Wäre es nicht besser zu sterben? - fragte Somnius.

Denise reagierte nicht, sondern wiederholte die Sätze.

- Spring jetzt runter! Oder willst du weiterhin ausgenutzt werden? - sprach Somnius erneut, diesmal im boshafteren Ton.

- Du weißt gar nichts über wahre Freundschaft, Somnius. Und noch etwas: NEIN, SPRING DU HERUNTER, WENN DU SO TAPFER BIST! - rief Denise und bewegte kräftig ihren Arm, um Somnius hinunter zu schicken. Dieser schrie voller Schmerz ein letztes Mal, dann erreichte den Boden mit einem lauten Geräusch und zerbrach.

Als Denise aufwachte, fand sie Bärbel und Kerstin neben ihr. Die drei Lichtwächterinnen umarmten sich, danach fragten einander über das Geschehene aus, schließlich gingen sie aufwärts in den Dachboden, wo Miriel schon auf sie gewartet hat. Mittlerweile stellte sich die Ordnung zurück, der Tag und die Nacht liefen zum richtigen Zeitpunkt ab und der Biorhythmus der Menschen wurde erneut ausgeglichen. Miriel gratulierte den Lichtwächterinnen.

Am nächsten Tag, den 23. September kehrten auch die Gebrüder Waldbach von ihrer Mission zurück und alle zusammen feierten das Fest der herbstlichen Tag- und Nachtgleiche.

 

                                                                                  ENDE

 

 

 

 

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