Poetry Slam im deutschsprachigen Raum - Teil 5

 



Hallo, servus und habidere, meine liebe Leserschaft! Anbei, im fünften Teil meiner Diplomarbeit-Artikelreihe, kommt die Analyse des zweiten Poetry Clips, nämlich Hoch die Internationa...lala von der österreichischen Slammerin Mieze Medusa. Viel Spaß beim Lesen. Los geht's!


Mieze Medusa: Hoch die Internationa...lala (Österreich)




In diesem Video, das im November 2011 aufgenommen wurde, nimmt die Österreicherin Mieze Medusa mit ihrem Text Hoch die Internationa...lala am Landauer Radioslam teil. Die Slammerin fängt nicht sofort mit ihrem Text an, sondern hält eine einleitende Rede, in dem sie darüber spricht, sie habe ihr Bestes getan und Großes vorgenommen, nämlich das Ausrufen einer Revolution, von der sie denkt, diese sei aus mehreren Gründen nötig, denn sie hat das Gefühl, dass die Welt sich gerade verändert und wir davon auch betroffen sind, bzw. es ist wichtig, dass wir dabei auf uns selbst aufpassen sollten. Der tatsächliche Slamtext beginnt mit einer Metapher, nämlich “neue Lieder”, welche die Veränderung und die Neuigkeiten, bzw. die neue Geschehnisse und Ereignisse symbolisiert.

Es wird auch thematisiert, dass die heutige Jugend eventuell etwas Neues schaffen könnte, obwohl es natürlich nicht einfach wird und die Slammerin spricht ebenfalls über Freiheit, welche schwer zu definieren ist und das zwar singend auf Englisch, womit sie vermutlich auch die Internationalität symbolisieren möchte, auf die im Titel hingewiesen wird. Medusa versucht dann weiterhin die Freiheit mit unterschiedlichen Begriffen und Metaphern zu definieren. Im Text kommen auch verschiedene Kontraste vor, welche die Vergangenheit und die Gegenwart repräsentieren (z.B. Universal Tellerwäscher < - > Spülmaschinennachlader). Gegen Ende des Textes spricht die Slammerin darüber, dass sich im Gegensatz zu den früheren Zeiten sich zwar viel veränderte, aber es gibt an manchen Orten immer noch Ungleichheiten, die auch geändert werden müssen und sie hofft, dass diese sich gemeinsam mit der aktuellen Veränderung ändern, über die am Anfang gesprochen wurde. Sie ruft auf, nicht zu lang zu warten und solang zu schlagen, wir Kraft dazu haben, also solang aktiv an der Veränderung zu arbeiten, wie nur möglich. 


Gesamter Text: 

Wir brauchen neue Lieder,

die alten taugen nicht mehr. 

Es hat sich was getan im Land, 

zumindest was Musik betrifft, 

wir brauchen neue Lieder, die alten singen wir nicht mehr. 

Die klingen nach Zeiten, die finden wir in uns nicht mehr.


Die klingen nach Krieg, nach Barrikaden, nach Nachladen, 

nach Essen kochen und es dann quer durch Schusswechsel zur Front tragen, und den 

Tellerberg ohne Nachfragen und Klagen, dann auch noch abtragen. 

Wir waren Universal Tellerwäscher, jetzt sind wir Spülmaschinen-Nachlader. 

Uns wurde nie ein Rosengarten versprochen, doch seit die Schütte-Lihotzky mal 

nachdachte, bekommen wir die Einbauküche komplett mit Marken-Spülmaschine ohne 

nachzufragen, wenn auch auf Raten und die macht, wenn sie fertig ist, 

drei rote Pfiffe, drei rote Pfiffe, drei rote Pfiffe im Küchenwald. 


Wir brauchen neue Lieder, die alten taugen nicht mehr. 

Es hat sich was getan im Land, zumindest was Musik betrifft, 

ich hör jetzt Rap, du Rock, dort hört wer Schlager, 

sie hört so Drone-Noise-Experiment-Zeug ohne Text, 

oder wenn dann doch mit Text, dann hörst du Lovesongs, 

also so songs about love, wo die Politik, wenn überhaupt im Nebensatz zu finden ist. 

Und du, da drüber, du bist noch nicht ganz da im heute und hier, 

trinkst Whiskey, bis deine Stimme rauchig ist, wie die von ihr, und singst: 

„Freedom’s just another word, for nothing left to lose, nothing left is all there’s left to me.“ 


Und das klingt immer noch gut. 

Aber es stimmt nicht. 

Und das klingt immer noch wahr, doch das war’s nie.


Freiheit ist kein Verlustgeschäft, doch Freiheit verliert sich, wenn man 

Kostennutzenabrechnungen zulässt 

Und Freiheit ist das, was man sich selbst gibt 

Und Bescheidenheit das, was frau Probleme macht Mädchen, versteh doch: 

nur weil du laut sagst, wie gut du was kannst, und was dir dafür zusteht – ja! auch 

Geld! – bist du noch nicht selbstverliebt


In Erwägung deiner Erregung bei Themen wie Binnen-I, Grundeinkommen, gleiche 

Bezahlung und Pflege von Kindern und Alten und Brauchtum, erwäge ich – Schritte. 

In Erwägung meiner Erregung bei Dingen wie Ungleichbezahlung, 

Ungleichbehandlung und ungleiche Teilung der Arbeit daheim, erwägst du – keine Schritte. 


Nur Worte in Hülsen 

Erklärung als Absicht 

Vertröstung auf morgen 

Wir fordern nur das was uns zusteht und hören dann immer wieder die alte Leier: 

Das geht sich halt leider 

in diesem Jahr wieder nicht aus.


Wir brauchen neue Lieder, die alten singen wir nicht mehr. 

Die klingen nach Zeiten, die finden wir in uns nicht mehr, 

wir glauben zwar, glauben dem ruf nach Gemeinschaft, 

Vernetzung ist wichtig, doch denken wir nicht automatisch: Gewerkschaft 

Und ohne euch reicht für uns schon, hat Brecht gesagt, 

doch brächt ich es nicht übers Herz ihm zu sagen, wie Recht er hat,

denn jedes Brechtzitat bringt mir nur Ärger, ich denk dran, wer ihm seine 

Drecksarbeit machte, dem Drecksack. 

Schneewittchen, sag schon, wie geht das Zerschlagen vom Glassarg? 

Hast du da Erfahrungswert? 

Gilt der auch für Decken? 

„Schlag nicht so zaghaft“, sagst du 

„Verschlaf nicht den Zeitpunkt“, sagst du 

„Wart nicht zulang“, sagst du „Schlag zu, solang du Kraft dazu hast! 

Und dann pfeiff: drei Pfiffe, und dann pfeiff drei Pfiffe, und dann pfeiff drei Pfiffe 

Damit, die die dir nachkommt im Glassarkophag die Stelle mit Riss weiß!“ 


Vgl. Medusa, Mieze: Hoch die Internationa...lala! https://miezemedusa.wordpress.com/2011/07/04/hoch-die-internationalalalalalalaaaa/


Sodala, das war's dann mit der Analyse des zweiten Poetry Clips. Im nächsten Teil der Artikelreihe folgt dann Abdankungsrede von dem Schweizer Simon Chen. Bleibt unbedingt dran, wenn ihr interessiert seid. Macht's gut, bis zum nächsten Artikel! Tschüsserl-Busserl! 😘


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