Lerntechniken

 

Lernen. Meistens assoziieren wir bei diesem Wort auf eine trübe Pflichttätigkeit. Doch, wenn wir die richtige Methoden dazu anwenden, uns selbst treu bleiben und mit uns selbst friedlich und geduldig während des ganzen Lernprozesses umgehen, kann sich das Lernen in eine wahre Freude und in ein lebenslanges, abenteuerliches und reiseähnliches Engagement umwandeln, das uns ermöglicht, uns selbst zu entwickeln bzw. besser kennenzulernen. Anbei möchte ich ein paar Lerntechniken darstellen, die mir im Laufe meines Studiums sehr viel geholfen haben und mir den ganzen Prozess erleichterten. Es kann auch der Fall vorkommen, dass ich von einigen Techniken schon in früheren Artikeln berichtet habe.

1. Mindmap

Da es sich ebenfalls fürs Sprachlernen eignet, habe ich darüber schon in meinem Artikel Sprachlernen-Tipps von einer Polyglotte geschrieben, deshalb erkläre ich diese Technik hier um Einiges gekürzter. Beim Mindmapping wird ein Blatt Papier genommen, das Thema wird darauf in die Mitte geschrieben, dann mit beliebigem Muster umrahmt. Assoziationen zum zentralen Thema werden als weiteren Schritt überlegt, welche dann notiert bzw. gezeichnet werden. Farben werden bei dieser Technik besonders beliebt und empfohlen.



2. Selbstfragen

Diese Lerntechnik habe ich mir an der Uni noch am Anfang meines Studiums angeeignet und noch heute verwende ich sie, um mein Textverstehen und Gedächtnis regelmäßig zu prüfen. Auch über diese Technik habe ich früher geschrieben, also ich halte mich eher kurz: ein Text wird bei der Ausführung dieser Technik gelesen, danach werden Fragen notiert, welche wir beantworten. 




3. Fotolesen (auch Blitzlesen genannt)

Dieser Technik habe ich vor ein paar Jahren einen ganzen Artikel (Einführung in die Geheimnisse des Blitzlesens) gewidmet. Der Begriff “Fotolesen” (engl. “Photoreading”) wurde zum ersten Mal vom Autor Paul R. Scheele geprägt. Die Bedeutung dieses Begriffes umfasst nichts Anderes, als die mentale Fotografierung der gelernten/gelesenen Texte. Diese Technik besteht aus fünf Schritten: Vorbereitung, vorgängiger Überblick, Fotolesen, Aktivierung und Schnelllesen. Die Technik kann auf verschiedene Weise erwerbt werden: für einsame Wölfe eignet sich besser das Lernen des Fotolesens zu Hause mit dem Buch von Paul R. Scheele, während extrovertierte es vielleicht besser genießen, sich in einem Kurs diese wunderbare Kenntnisse zu aneignen. Ich selbst, da ich eher ambivertiert bin (also sowohl intro als auch extro, von Situation abhängig), habe an einem Fotolesen-Kurs von Maxim Pétercsák teilgenommen und danach individuell zu Hause weiter geübt. Die Technik des Fotolesens empfehle ich allen, die bessere Lernergebnisse erzielen, aufmerksamer lernen oder einfach schneller lesen möchten.



4. Mandarinentechnik

Die Mandarinentechnik ist eigentlich ein Teil des Fotolesens und wird bei dessen dritten Schritt, d.h. bei dem tatsächlichen Fotolesen ausgeführt. Um uns selbst in der Fotofokusposition zu bringen und unsere peripherische Sicht zu erweitern, wird eine fiktive Mandarine auf unserem Kopf vor dem Fotolesen gestellt, die wir während des ganzen Lesens bewusst dort halten. Die Mandarine hilft uns auch beim leichteren Speichern von Informationen.



5. Text nach Bild

Diese Technik besteht darin, Texte als Bilder vorzustellen oder zu zeichnen. Keine Panik, wir müssen keine Picassos sein, um diese Technik erfolgreich ausführen zu können. Es genügt, wenn wir selbst die von uns erfundene Symbolen verstehen und memorisieren können. Die Technik eignet sich für solche Situationen, wenn wir literarische Werke lernen müssen oder in kürzer Zeit längere Texte memorisieren sollten. Mit dieser Technik habe ich zum Beispiel 2019 den Text des Lieds Dschingis Khan auswendig gelernt, weil unsere Klasse mit diesem Lied beim letzten schulischen Faschingsfest auftreten wollte. Mir gelang die Memorisierung mithilfe der Text-nach-Bild-Technik in weniger als einem Tag: gleich am Abend konnte ich das ganze Lied unter der Dusche singen. Die Technik ist übrigens auch für Dolmetscher hilfreich, da sie sich in kurzer Zeit eine Menge Informationen merken müssen: dabei erzielt die Umwandlung des Gehörten in Symbole positive Ergebnisse bei der Memorisierung. 


6. Superlesen

Ebenfalls eine Untertechnik des Fotolesens. Kurz gefasst: schnelles Lesen eines Textes mit Blick von oben nach unten (wie Superman, davon stammt eigentlich der Name, doch die Technik wird deshalb auch Tauchen genannt), indem wir auf der Suche nach den Kerninformationen oder Schlüsselwörtern sind. Diese Technik kann besonders bei solchen Prüfungen hilfreich sein, wo Texte gelesen werden müssen und es danach Fragen darüber gibt. Die Technik des Superlesens ist am besten mit der Technik des Selbstfragens kombinierbar: während wir nach Antworten auf die von uns notierten Fragen suchen, lesen wir den Text nochmal aufmerksam durch, von oben nach unten, um die gesuchte Antworten zu finden.

 

7. Stell dir vor, dass du es unterrichtest!

Diese Technik habe ich letzten Frühling entdeckt. Lehrerin zu werden war seit langem ein meiner Traumjobs. Da ich in der schon erwähnten Zeit mich mit einem besonders schwierigen Lernstoff ziemlich beim Lernprozess überfordert, blockiert und in Sackgasse geraten fühlte, habe ich angefangen, mir selbst vorzustellen, dass ich diesen Stoff einer Gruppe von Studenten erklären muss. Was hätte ich gesagt? Was ist wichtig für diese Leute zu wissen? Wie könnte ich das ihnen am besten erklären? Solche Fragen stellte ich mir selbst. Ich fing also an, am stärksten zu visualisieren, dass ich tatsächlich vor meiner fiktiven Seminargruppe stehe und den Lernstoff erkläre. Oh, XY hat nicht ganz  verstanden, okay, wie kann ich anders erklären, damit er/sie auch versteht? Und ich spielte mir die Szene haargenau vor meinen inneren Augen vor. Nachdem alle meine fiktive Studierenden den Stoff ganz genau verstanden haben, fühlte ich mich auch so, dass ich ihn ebenfalls genügend verstehe und weiß, um davon eine gute Klausur zu schreiben oder ein gutes Referat zu halten. 



Das war’s also mit den Lerntechniken, ich hoffe, dass es euch allen gelingt, die passende/n Lerntechnik/en zu finden. Von ganzem Herzen wünsche ich viel Erfolg beim Lernen und beim Selbstkennenlernen! 


Kommentare

  1. Ich möchte Ihnen für diese Arbeit danken. Sie ist selbstlos. Und zeugt von einer großzügigen, herzlichen Autorin.

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