Adventroman "Geheimnisvolle Nachrichten im Schatten der Nordlichter", Kapitel 12

 



Die Aula der Universität war erfüllt von Stimmen, die noch nicht ganz aufeinander abgestimmt waren. Der Chor Aynur stand in einem lockeren Halbkreis, während die Nordlysene letzte Anpassungen vor der Generalprobe vornahmen. Instrumente wurden gestimmt, Notenständer ein paar Zentimeter hin und her verschoben. Es war die Art von Probe, die von Erwartung geprägt war – nicht von Nervosität, sondern von einer stillen Gewissheit, dass bald etwas passieren würde.

Valeria stand in der Mitte des Raumes und gab kurze, präzise, aber herzliche Anweisungen. Seline nickte konzentriert, Swen passte den Rhythmus an und Larissa hörte aufmerksam zu. Elara stand unter den Chorsängern, konzentriert, aber mit einem anderen Ernst im Blick als an den Tagen zuvor.

Roxana Hyggelsen saß etwas zurückgezogen auf einem Stuhl an der Wand. Sie hatte zugestimmt, als Freundin der Band an der Probe teilzunehmen, und genau so verhielt sie sich auch gerade. Sie beobachtete nicht mit dem Blick einer Ermittlerin, sondern mit einer persönlicheren Präsenz – als würde sie die Musik die Arbeit für sie machen lassen.

Sie folgte Elaras Stimme besonders aufmerksam.

Nicht, weil es technisch herausragte – das tat es nicht mehr als üblich –, sondern weil es etwas anderes ausstrahlte. Eine Stärke, die keinen Platz einforderte, ihn aber dennoch einnahm. Roxana bemerkte es, vermerkte es irgendwo in sich, ohne Schlussfolgerungen zu ziehen.

Nach einer Weile stand sie leise auf.

Valeria begegnete ihrem Blick und verstand sofort. Roxana musste nichts erklären. Sie zog ihren Mantel an, nickte den Anderen kurz zu und verließ den Raum, während hinter ihr die Probe weiterging und die Stimmen noch immer in den Fluren hallten.


Draußen war die Luft kälter als sie erwartet hatte. Roxana holte tief Luft, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem Büro machte.

Dort war es still. Zu still vielleicht. Sie knipste das Licht an, setzte sich an ihren Schreibtisch und öffnete die Datenbank. Bald leuchtete ihr der Name Noah Halvorsen vom Bildschirm entgegen.

Adresse. Arbeitsplatz. Gewohnheiten.

Alles, was nützlich sein könnte – und alles, was fehlte.

Sie fuhr weiter zu seiner Adresse. Die Wohnung wirkte hastig, aber nicht geheimnisvoll. Sie suchte gründlich und methodisch, fand aber nichts. Keine Runen. Keine Zettel. Keine versteckten Räume.

Das war fast beunruhigender, als wenn sie etwas gefunden hätte.

Zurück an der Uni wartete sie, bis die Probe vorbei war. Als Valeria, Seline, Swen und Larissa kamen, sagte Roxana nur das Nötigste. Der Flughafen war die nächste Station.

Dort konnte ihnen niemand sagen, wo Noah war. Niemand hatte ihn gesehen. Dennoch erhielten sie nach einigen Telefonaten und ein paar überzeugenden Sätzen den Schlüssel zu seinem Büro.

Und dort – hinter einer Schublade, die zunächst leer schien – lagen sie.

Die vierzehn verbleibenden Runenbotschaften.


Die Schublade gab ein hohles Geräusch von sich, als Roxana sie ganz herauszog. Der Inhalt lag nicht verstreut, sondern gesammelt – fast ordentlich. Kleine Zettel, vergilbtes Papier, jeder einzelne mit derselben, erkennbaren Runenschrift beschriftet.

Mehrere Sekunden lang sagte niemand etwas.

Die Luft im Raum wurde dichter, als würde sogar der Klang den Atem anhalten.

Valeria war die Erste, die einen Schritt nach vorne machte. Sie bückte sich, ließ ihren Blick über die Zeichen gleiten und erkannte die Muster sofort. Ihr Herz schlug schneller.

- Det er dem. - sagte sie leise. - Alle de manglende.

Swen fluchte leise vor sich hin. Larissa hatte ihre Hand vor den Mund gehalten. Seline stand ganz still da und starrte auf die Lappen, als könnten sie beißen.

Roxana zog ohne Eile Handschuhe an, aber mit einer Präzision, die keinen Raum für Zweifel ließ.

- Valeria, kan du oversette? - fragte sie ruhig. - En etter en. Nøyaktig. -

Valeria nickte. Sie nahm den ersten Zettel und hielt ihn vorsichtig zwischen den Fingern. Ihre Stimme war klar, aber leise – als wüsste sie instinktiv, dass diese Worte nicht laut ausgesprochen werden sollten.

- Nummer elleve. - sagte sie. Zuerst las sie still die Runen für sich selbst. Danach sah sie auf. - "Frys. Ikke et steg videre, før jeg sier det." -

Ein Ruck ging durch die Gruppe. Valeria nahm den nächsten Zettel. - Tolv: "Alt du har sådd, skal du snart høste. Husk det."

Sie schluckte, bevor sie fortfuhr. - Tretten: "Treets røtter går dypt. Du gravde for nær stammen." -

Roxana biss die Zähne zusammen. Diese waren keine zufälligen Drohungen. Das war persönlich.

- Fjorten. - sagte Valeria. - "Terningen er kastet. Du bare innbiller deg at du spiller."

Larissa schüttelte langsam den Kopf.

- Femten: "Ingen beskytter deg lenger. Ikke engang hun du stoler på mest." -

Diesmal war es ganz still. Niemand atmete, bevor Valeria fortfuhr. - Seksten: "Du stråler så fint. Synd at lyset snart skal slukkes." Sytten: "Vil du kjempe? Jeg vet allerede hvor du taper." -

Ihre Stimme wurde jetzt härter, als würde sie eine Distanz zwischen sich und jenen Worten schaffen.
- Atten: "Noe vokser i deg. Det er ikke håp."

Seline schloss für einen Moment die Augen.

- Nitten: "Du kan løpe, men vinden vet hvor du går." Tjue: "Du spiller helten så bra. Synd publikum snart ser sannheten."-

Valeria zögerte einen Moment, bevor sie den nächsten Zettel nahm. - Tjueén: "Jeg vet hva du drømmer om om natten." -

Swen holte scharf Luft.

- Tjue-to: "Du har gjemt noe. Jeg vet hvor." - Valeria spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief.
- Tjue-tre: "Når du våkner, vil alt være annerledes." - Sie nahm das letzte Stück langsam. - Og tjue-fire: "Sirkelen er lukket. Hjemmet ditt er ikke lenger trygt."

Die Worte hingen wie ein Echo im Raum.

Roxana sammelte die Zettel ein, ohne etwas zu sagen, und steckte sie nacheinander in Plastiktüten. Ihre Bewegungen waren ruhig, aber ihr Blick war düster. - Dette er ikke bare trusler. - sagte sie zum Schluss. - Det er et narrativ. En utvikling. Noen følger med. Over tid.

Valeria nickte langsam. - Og det er personlig. - fügte sie hinzu. - Altfor personlig. -

Roxana schloss die Mappe. - Vi tar dette med til politistasjonen nå. Umiddelbart. - und so schaute sie auf die Uhr. - Og så drar vi til Julcia.

Niemand protestierte.

Aber alle wussten dasselbe: Danach gab es kein Zurück mehr.



                                                                        ***


Als sie zur Universität zurückkehrten, war diese bereits dabei, sich zu verwandeln.

Die Flure, die zuvor noch von Hektik und Stimmen erfüllt gewesen waren, waren nun in ein sanfteres Licht getaucht. Kerzen standen entlang der Wände, Tannenzweige waren um die Geländer gewunden, und der Duft von Gewürzen und heißen Getränken lag in der Luft.

Die Julcia-Feier hatte begonnen.

Der Chor Aynur machte sich hinter der Bühne bereit. Sie hatten die traditionellen Julcia-Kleider angezogen: lange, weiße Kleider, die leicht bis zum Boden fielen, und rote Gürtel, die um die Taille gebunden waren. Der Stoff fing das Licht der Kerzen ein und ließ die ganze Gruppe fast zeitlos erscheinen – als gehörten sie nicht nur zur Universität, sondern auch zu etwas Älterem.

In der Mitte stand Leila. Sie trug die Luciakrone, die Lichter flackerten schwach über ihrem Haar. Sie war auf ruhige Weise ernst, sich der Rolle bewusst, die ihr zugeteilt worden war. Als sich die Türen öffneten, ging sie als Erste, langsam und sicher, den Blick nach vorne gerichtet.

Hinter ihr folgte der Chor, deren Stimmen sich zu einem Gesang vereinigten, der den Raum erfüllte, bevor das Publikum Zeit hatte, Luft zu holen.

Elara ging zwischen ihnen.

Sie sang wie immer – rein, klar –, aber an diesem Abend war etwas anders in ihrer Stimme. Nicht nur Technik oder Gefühl, sondern eine Kraft, die über den Raum hinausging. Roxana, die einen Platz im Publikum gefunden hatte, bemerkte es sofort. Sie dachte noch nicht an das Wort „Wölfin”. Aber sie dachte: Sie trägt etwas in sich.

Valeria beobachtete sie aus den Augenwinkeln, während sie spielte. Nicht auf eine abgelenkte Art und Weise – eher als Teil des Ganzen. Elara sang ruhig, aber es war etwas in ihrer Stimme, das über das Musikalische hinausging. Als ob das Lied nicht nur eine Melodie, sondern auch eine Absicht in sich trug.

Roxana saß immer noch im Publikum, etwas abseits. Sie war als Freundin gekommen, aber sie konnte ihren Beruf nicht ganz ablegen. Ihr Blick wanderte – vom Chor zum Publikum, zu den Ausgängen.

Als das Lied sich dem Ende näherte, entdeckte sie eine Gestalt hinten im Raum.

Noah Halvorsen.

Er stand im Schatten, teilweise hinter anderen versteckt. Er war zu spät gekommen. Viel zu spät. Das Lucia-Lied war bereits bei der letzten Strophe angelangt.

Roxana spürte ein Ziehen in der Brust.

Auf der Bühne bemerkte Elara etwas. Vielleicht war es ein Instinkt, vielleicht nur ein Blick, der den Raum absuchte. Ihre Augen fanden ihn.

Für einen kurzen Moment erstarrte sie.

Dann sang sie weiter.

Valeria, die inzwischen den Chor mit ihrer Band weiter begleitete, bemerkte es auch – eine fast unmerkliche Veränderung im Klang, eine Kraft, die sich in den letzten Tönen Bahn brach. Als das Lied ausklang, ließ sie ihre Hände einen Moment zu lange auf dem Instrument ruhen, bevor der Applaus losbrach.

Roxana klatschte mit den anderen, aber ihre Gedanken waren bereits woanders. "Die Wölfin wird beim großen Lichterfest noch etwas singen.", so klang die Prophezeihung von Frøydis, vor ein paar Tagen. 

Und so verstand Roxana alles. Dies war das Lichterfest. Und die Wölfin hatte gesungen. Genau, die Wölfin, nämlich Elara Vargdottir, die die Kraft der Wölfe in ihrem Namen trug, da "varg" eine veraltete nordische Form für das Wort "Wolf" war. 




Der Applaus verebbte langsam, wie Wellen, die sich vom Land zurückziehen. Die Stimmung im Saal veränderte sich – von Feierlichkeit zu Erwartung. Die Leute standen auf, unterhielten sich leise, einige lachten bereits. Die Beleuchtung wurde angepasst, Stühle wurden verschoben. Das Quiz rückte näher.

Elara holte tief Luft, als sie die Bühne verließ. Sie lockerte den Gürtel um ihr Kleid ein wenig, nicht weil er zu eng war, sondern weil sie ihr Körpergefühl zurückgewinnen musste. Sie wusste, dass Noah da draußen war. Sie hatte es gespürt.

Sie fand ihn neben einer Säule, etwas zu weit entfernt, als dass es Zufall sein konnte.

- Du kom sent. - sagte sie ihm. Ihre Stimme war ruhig. Nicht anklagend. Nur feststellend.

Noah sah sie an, als hätte er sich bereits auf diesen Moment vorbereitet. - Det skjedde noe på jobb. - antwortete er. - Det var kaos på flyplassen.

Elara nickte langsam. Sie machte einen Schritt auf ihn zu. - Du gikk glipp av sangen.

Er senkte für einen Moment den Blick. - Jeg vet. Jeg er lei for det.

Sie ließ es liegen. Stattdessen holte sie das Papier hervor, das sie in ihrer Tasche zusammengefaltet hatte. - Dette falt ut av en bok i leiligheten din. - sagte sie. - Da jeg åpnet den.

Noah erstarrte. Nur für eine Sekunde. Aber das reichte. - Jeg vet ikke hva du snakker om. - sagte er schnell. 

- Det er skrevet i runer. - fuhr Elara fort. - Og jeg vet hva det betyr.

Um sie herum ging die Party weiter, aber für Elara war der Raum enger geworden, konzentrierter. - Hvorfor lå det hos deg? - stellte sie entschlossen ihrem Freund die Frage. Fast wie eine echte Detektivin.

Noah holte tief Luft. - Elara, hør nå. Du vet jeg har rare bøker. Gamle ting. Kanskje noen har lagt det der. Jeg vet ikke.

Elara studierte sein Gesicht. Nicht, um ihn bei einer Lüge zu ertappen, sondern um ihn zu verstehen. Sie sprach langsam, aber bestimmt. - Hvis det er sant, så må du si ifra når noe slikt skjer. Dette er ikke uskyldig.

- Jeg vet. - erwiderte Noah. - Jeg bare... jeg orker ikke mer drama akkurat nå.

Elara sah ihn noch einen Moment lang an. Dann nickte sie. - Greit. - Aber sie glaubte ihm gar nicht. 

Auf der Bühne machte sich Valeria bereit, das Quiz zu moderieren. Mit einem Lächeln, professionell und selbstbewusst, zog sie die Aufmerksamkeit des Raumes auf sich. 

Roxana stand etwas im Hintergrund und beobachtete. Sie hatte alles gesehen.

Wie Noah erstarrt war.
Wie Elara aufrecht geblieben war.
Wie ihre Stimme nicht ins Wanken geraten war.

Der Kommissarin fiel eine der Nachrichten ein: "Vil du kjempe?Jeg vet allerede hvor du taper."

Roxana ließ also ihren Blick erneut über Noah gleiten. Sie fasste sofort einen Entschluss.

Das war ein Gespräch, das sie führen musste.
Aber nicht jetzt.
Nicht hier.
Nach der Party.


                                                                       ***


Das Quiz war vorbei. Gelächter, Applaus und kleine Ausrufe erfüllten den Raum, während sich die Leute um die Tische versammelten, Antworten diskutierten und Eindrücke austauschten. Die Stimmung war wieder locker, fast mühelos.

Noah stand diesmal etwas abseits, mit einem Glas in der Hand, aus dem er nicht trank. Er sah aus wie jemand, der auf etwas – oder jemanden – wartete, ohne genau zu wissen, warum.
- Unnskyld. - klang eine Stimme hinter ihm.    

Er drehte sich um. Die Frau vor ihm war ihm unbekannt. Rotes Haar, ruhige Haltung, ein Blick, der weder aufdringlich noch zufällig war. - Ja? - das war alles, was Noah ihr sagen konnte.

- Jeg er Roxana Hyggelsen. - sprach sie. Sie streckte ihre Hand nicht aus. Sie stand nur da, offen, aber abwartend.

- Noah Halvorsen. - erwiderte er nach einem kurzen Augenblick.

- Jeg så deg i salen tidligere. - setzte sie fort. - Du kom litt sent.

Er zuckte mit den Schultern. - Det skjer. -

Roxana nickte, als würde sie die Antwort ohne Weiteres akzeptieren. - Du jobber på flyplassen, ikke sant? - fragte sie dann. 

Noah hob die Augenbrauen. - Ja. Hvordan vet du det?

- Verden er liten. - sagte nun Roxana.

Einen Moment lang standen sie still, während die Geräusche um sie herum zu Hintergrundgeräuschen wurden. 

Elara virker som en imponerende ung kvinne. - sagte Roxana kurz danach. - Både faglig og menneskelig.

Noah presste fast unmerklich die Kiefer aufeinander. - Ja. Det er hun.

- Hun fant noe hos deg. - fuhr Roxana ruhig fort. - Noe som gjorde henne urolig.

Noah holte tief Luft. - Hun overtenker. - sagte er. - Det var bare et papir. Gamle greier.

- Kanskje. - erwiderte Roxana. - Men ting som skaper uro, er sjelden bare "ingenting".

Noah sah sie nun direkter an. - Hvem er du egentlig?

Roxana hielt seinen Blick fest. - En som er vant til å stille spørsmål. - Sie ließ es einen Moment lang hängen, bevor sie fortfuhr: - Hvis noe skjer rundt deg som ikke gir mening, er det lurt å si ifra. Ikke for min skyld. For hennes.

Noah schüttelte langsam den Kopf. - Jeg har ingenting å skjule.

- Det håper jeg. - sagte Roxana leise. Sie trat einen Schritt zurück und machte deutlich, dass das Gespräch beendet war – zumindest für sie. - Ha en fortsatt fin kveld, Noah.


Sie drehte sich um und verschwand in der Menge, bevor er noch etwas sagen konnte.

Noah blieb zurück, das Glas noch immer unberührt in der Hand.



                                                                        ***


Nach und nach ging die Party in eine ruhigere Phase über. Die Quiztische wurden weggeräumt, und die Leute versammelten sich in kleineren Gruppen. Die Stimmung war jetzt lockerer, informeller. Es wurde mehr gelacht.

Elara saß mit dem Chor an einem der langen Tische. Mimi erzählte begeistert etwas, Elena lachte laut, Vera verfolgte alles gleichzeitig und Leila – die früher am Abend die Luciakrone getragen hatte – hatte sie endlich abgenommen und lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzer zurück.

- Du var fantastisk. - sagte Mimi und stupste Elara leicht in die Seite. - Hele rommet fulgte deg. -

Elara lächelte etwas schüchtern. - Vi var det alle sammen. - sagte sie.

Etwas weiter entfernt saßen die Band Nordlysene. Valeria hatte ihr Instrument beiseite gelegt und unterhielt sich leise mit Seline, während Swen und Larissa gestikulierend und engagiert über die Höhepunkte des Abends diskutierten. Von Zeit zu Zeit trafen sich ihre Blicke quer durch den Raum – kurze, bestätigende Lächeln, die mehr sagten als Worte. 

Roxana bewegte sich zwischen den Gruppen, nicht als Beobachterin, sondern als jemand, der dazugehörte. Sie lachte, als sie in eine Anekdote hineingezogen wurde, stellte Fragen, hörte zu. Ausnahmsweise erlaubte sie sich, genau das zu sein, was sie hier war: eine Freundin.

Elara spürte, wie sich ihre Schultern senkten.

Dies war ihr Raum.
Dies waren ihre Menschen.

Noah tauchte nicht wieder auf.

Der Abend ging weiter, fast unbemerkt. Schließlich begannen die Leute, ihre Oberbekleidung anzuziehen, Umarmungen wurden ausgetauscht, Versprechen, sich bald wiederzusehen, mit aufrichtiger Herzlichkeit ausgesprochen.



                                                                      ***


Als Elara später im Bett in ihrem Studentenwohnheim lag und es um sie herum still war, holte sie ihr Handy heraus. Sie hatte seit einiger Zeit nichts mehr von Noah gehört.

Der Bildschirm leuchtete auf. 

Eine SMS. Von Noah. 

"Unnskyld for i dag. Det ble mer komplisert enn jeg hadde trodd. Jeg ville aldri såre deg. Vi snakker sammen snart, ok?"


Elara las die Nachricht einmal. Dann noch einmal.

Sie antwortete nicht sofort.

Sie legte ihr Handy neben sich, starrte an die Decke und lauschte der Stille. Die Worte des Abends, das Lied, die Stimmen, das Lachen – alles war noch in ihr.

Draußen legte sich die Dunkelheit schwer über die Stadt.

Und irgendwo da draußen gab es jemanden, der mehr wusste, als er sollte.





ÜBERSETZUNGEN ALLER NORWEGISCHEN SÄTZE UND WORTE IN DIESEM KAPITEL:
  • Det er dem. Alle de manglende. = Das sind sie. All die fehlenden.
  • Valeria, kan du oversette? En etter en. Nøyaktig. = Valeria, kannst du übersetzen? Eine nach der anderen. Genau.
  • Nummer elleve. "Frys. Ikke et steg videre, før jeg sier det." = Nummer elf. "Halt. Kein Schritt weiter, bevor ich es sage."
  • Tolv: "Alt du har sådd, skal du snart høste. Husk det." = Zwölf: "Alles, was du gesät hast, wirst du bald ernten. Denk daran."
  • Tretten: "Treets røtter går dypt. Du gravde for nær stammen." = Dreizehn: "Die Wurzeln des Baumes reichen tief. Du hast zu nah am Stamm gegraben."
  • Fjorten: "Terningen er kastet. Du bare innbiller deg at du spiller." = Vierzehn: "Der Würfel wurde geworfen. Du bildest dir nur ein, dass du spielst."
  • Femten: "Ingen beskytter deg lenger. Ikke engang hun du stoler på mest." = Fünfzehn: "Niemand beschützt dich mehr. Nicht einmal die, der du am meisten vertraust."
  • Seksten: "Du stråler så fint. Synd at lyset snart skal slukkes." = Sechzehn: "Du strahlst so schön. Schade, dass das Licht bald ausgeht."
  • Sytten: "Vil du kjempe? Jeg vet allerede hvor du taper." = Siebzehn: "Willst du kämpfen? Ich weiß schon, wo du verlierst."
  • Atten: "Noe vokser i deg. Det er ikke håp." = Achtzehn: "Etwas wächst in dir. Es ist keine Hoffnung."
  • Nitten: "Du kan løpe, men vinden vet hvor du går." = Neunzehn: "Du kannst laufen, aber der Wind weißt, wohin du gehst."
  • Tjue: "Du spiller helten så bra. Synd publikum snart ser sannheten." = Zwanzig: "Du spielst die Heldin so gut. Schade, dass das Publikum bald die Wahrheit sieht."
  • Tjueén: "Jeg vet hva du drømmer om om natten." = Einundzwanzig: "Ich weiß, wovon du in der Nacht träumst."
  • Tjue-to: "Du har gjemt noe. Jeg vet hvor." = Zweiundzwanzig: "Du hast etwas versteckt. Ich weiß, wo."
  • Tjue-tre: "Når du våkner, vil alt være annerledes." = Dreiundzwanzig: "Wenn du aufwächst, wird alles anders sein."
  • Og tjue-fire: "Sirkelen er lukket. Hjemmet ditt er ikke lenger trygt." = Und vierundzwanzig: "Der Kreis ist geschlossen. Dein Zuhause ist nicht mehr sicher."
  • Dette er ikke bare trusler. = Das sind nicht nur Drohungen.
  • Det er et narrativ. En utvikling. Noen følger med. Over tid. = Es ist eine Erzählung. Eine Entwicklung. Jemand verfolgt uns. Über einen längeren Zeitraum hinweg. 
  • Og det er personlig. Altfor personlig. = Und es ist persönlich. Viel zu persönlich.
  • Vi tar dette med til politistasjonen nå. Umiddelbart. = Wir nehmen das jetzt zur Polizeistation mit. Sofort.
  • Og så drar vi til Julcia. = Und so gehen wir zur Julcia.
  • Du kom sent. = Du kamst spät.
  • Det skjedde noe på jobb = Es ist etwas beim Job passiert. 
  • Det var kaos på flyplassen. = Es war Chaos am Flughafen.
  • Du gikk glipp av sangen. = Du hast das Lied verpasst.
  • Jeg vet. Jeg er lei for det. = Ich weiß. Mir tut das leid.
  • Dette falt ut av en bok i leiligheten din. = Das ist aus einem Buch in deiner Wohnung gefallen.
  • Da jeg åpnet den. = Als ich ihn geöffnet habe.
  • Jeg vet ikke hva du snakker om. = Ich weiß nicht, worüber du redest.
  • Det er skrevet i runer. = Es ist mit Runen geschrieben.
  • Og jeg vet hva det betyr. = Und ich weiß, was es bedeutet.
  • Hvorfor lå det hos deg? = Warum lag es bei dir?
  • Elara, hør nå. Du vet jeg har rare bøker. Gamle ting. Kanskje noen har lagt det der. Jeg vet ikke. = Elara, hör zu. Du weißt, dass ich seltsame Bücher habe. Alte Sachen. Vielleicht hat jemand das dort hingelegt. Ich weiß es nicht. 
  • Hvis det er sant, så må du si ifra når noe slikt skjer. = Wenn das stimmt, musst du Bescheid sagen, wenn so etwas passiert.
  • Jeg vet. Jeg bare... jeg orker ikke mer drama akkurat nå. = Ich weiß. Ich kann nur gerade kein Drama mehr ertragen.
  • Greit. = Gut.
  • "Vil du kjempe? Jeg vet allerede hvor du taper." = "Willst du kämpfen? Ich weiß schon, wo du verlierst."
  • Unnskyld. = Entschuldigung.
  • Jeg er Roxana Hyggelsen. = Ich bin Roxana Hyggelsen.
  • Jeg så deg i salen tidligere. Du kom litt sent. = Ich habe Sie früher im Saal gesehen. Sie kamen etwas verspätet.
  • Det skjer. = Es passiert.
  • Du jobber på flyplassen, ikke sant? = Sie arbeiten am Flughafen, nicht wahr?
  • Ja. Hvordan vet du det? = Ja. Woher wissen Sie das?
  • Verden er liten. = Die Welt ist klein.
  • Elara virker som en imponerende ung kvinne. = Elara wirkt wie eine beeindruckende junge Frau.
  • Både faglig og menneskelig. = Sowohl fachlich als auch menschlich.
  • Ja. Det er hun. = Ja. So ist sie.
  • Hun fant noe hos deg. Noe som gjorde henne urolig. = Sie hat etwas bei Ihnen gefunden. Etwas, dass sie unruhig gemacht hat.
  • Hun overtenker. = Sie überdenkt.
  • Det var bare et papir. Gamle greier. = Das war nur ein Zettel. Alte Sachen.
  • Kanskje. Men ting som skaper uro, er sjelden bare "ingenting". = Vielleicht. Aber Sachen, die für Unruhe sorgen, sind selten nur "nichts".
  • Hvem er du egentlig? = Wer sind Sie eigentlich?
  • En som er vant til å stille spørsmål. = Eine, die daran gewöhnt ist, Fragen zu stellen.
  • Hvis noe skjer rundt deg som ikke gir mening, er det lurt å si ifra. Ikke for min skyld. For hennes. = Wenn um Sie herum etwas passiert, das keinen Sinn ergibt, sollten Sie sich zu Wort melden. Nicht meinetwegen. Um ihretwillen.
  • Jeg har ingenting å skjule. = Ich habe nichts zu verstecken.
  • Det håper jeg. = Das hoffe ich.
  • Ha en fortsatt fin kveld, Noah. = Ich wünsche Ihnen weiterhin einen schönen Abend, Noah.
  • Du var fantastisk. Hele rommet fulgte deg. = Du warst fantastisch. Der ganze Raum hat dir gefolgt.
  • Vi var det alle sammen. = Das waren wir alle zusammen.
  • "Unnskyld for i dag. Det ble mer komplisert enn jeg hadde trodd. Jeg ville aldri såre deg. Vi snakker sammen snart, ok?" = "Entschuldige bitte für heute. Es war komplizierter, als ich gedacht hatte. Ich wollte dich niemals verletzen. Wir sprechen uns bald, okay?"









                                                                                    















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